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Wie man mit einem crossmedialen Angebot Kinder für die Interaktion gewinnt, erklärt Sabine Berthold von der Bundeszentrale für politische Bildung.

Frau Berthold, im HanisauLand, dem Online-Kindermedienangebot der bpb, versuchen Tiere eine Demokratie aufzubauen. Wie kam es zu der Idee?
Als 2002 bei der Bundeszentrale für politische Bildung beschlossen wurde, ein Kinderprojekt zu starten, war schnell klar, dass dies online für Kinder von sechs bis zwölf Jahren angeboten werden sollte. Das war die Geburts­stunde von unseren Hasen, den Nilpferden und den Wildsäuen und der Start für ein Kinder­politiklexikon, bei dem die Kinder beim Aufbau bis heute mithelfen. Damals hatten nur vergleichsweise wenige Anbieter Erfahrung mit Kindermedienangeboten. Wir haben uns an ein Schwergewicht der ­deutschen Kinder-TV-Sendungen gewandt und Hilfe von einigen Projektbeteiligten der „Sendung mit der Maus“ bekommen. Gerade die gelungene Verbindung von Information und Unterhaltung sowohl für Kinder als auch für Erwachsene war es, die ich mir damals für die Bundeszentrale und ihr Kinderangebot gewünscht habe.

Sabine Berthold

Sabine Berthold

Mittlerweile ist HanisauLand.de eine Website mit vielen verschiedenen Tools und ganz unterschiedlichen Formaten. Wie wichtig ist Angebotsvielfalt heute, wenn man Kinder online erreichen will?
Sehr wichtig. Wir haben mit einem Comic und einem Politiklexikon angefangen und können heute auf einen Content von rund 5.000 Seiten zurückgreifen. Vor allem die Kommunikation mit den Kindern haben wir im Laufe der Zeit immer weiter ausgebaut. Das war anfangs noch gar nicht vorgesehen. Aber spätestens in Zeiten von Web 2.0 führte daran kein Weg mehr vorbei, genauso wie daran, das ganze Projekt crossmedial aufzubereiten. Die Möglich­keit zur Interaktion wurde und wird ­immer noch sehr gut angenommen, die Zugriffs­zahlen sind in die Höhe geschnellt. Heute haben wir rund 100.000 Besucher und circa 350.000 Seitenabrufe im Monat. Jetzt gibt es die Comics und Lexika eben auch in Print, hinzu kommen Wandkarten für Schulen und vieles mehr, was über das Online-­Angebot hinausreicht. Insgesamt gibt es dazu bisher rund 800.000 Veröffentlichungen im Printformat.

Von diesen Zahlen können Lokalzeitungen nur träumen.
Natürlich ist es einfacher, wenn man wie die Bundeszentrale für politische Bildung/ 
bpb.de ein großes, überregional bekanntes Angebot hat und eigene kleinere Spezial­formate mit bewerben kann. Aber wenn alle seriösen Anbieter auf ihrem Gebiet und mit ihren Möglichkeiten die junge Zielgruppe erreichen, ist das doch ein hervorragendes ­Ergebnis. Nur der Blick auf die Klick- und Abruf­zahlen führt in die Irre, weil es einen dazu verleiten kann, nur noch zu gucken, was die Kinder gerade wollen – das ist aber nicht immer nachhaltig gedacht. Den Ausgleich zu finden zwischen dem, was Kindern Freude macht und sie interessiert, und dem, was unser Auftrag als politische Bildner ist, ist die Kunst. Im Übrigen steigt der Bekanntheitsgrad gerade bei Kindermedienangeboten auch über die Ansprache von Erwachsenen als sogenannte Multiplikatoren. Diese tragen das Angebot beispielsweise an ihre Kinder und Enkelkinder und deren Freunde weiter. Die nackten Zahlen sagen da nicht so viel aus.

Welches ist denn Ihr Lieblingstool auf HanisauLand.de?
Ich bin keine Spielerin, ich liebe die Comics und arbeite viel mit dem Lexikon – da bin ich immer wieder selbst erstaunt, wie viel man als Erwachsener noch lernen kann.

Hat sich die Medienkompetenz der ­Kinder in den vergangenen 14 Jahren verändert?
Auf jeden Fall. Und auch die Angebote haben sich parallel dazu enorm entwickelt: Es gibt heutzutage fast keine Tageszeitung mehr, die keine Kinderseite hat. Früher ging das Angebot über Bastelecken und Ausmalbilder oft nicht hinaus. Heute erleben Kinder und Erwachsene in allen Genres eine große und anspruchsvolle Angebotsvielfalt. ­Erwachsene brauchen dementsprechend immer mehr ­Hilfe bei der Orientierung, was das geeignete Material für ihr Kind ist. Da leisten Web­sites wie Seitenstark.de oder Flimmo.de, die ­Online- und TV-Angebote für Kinder bündeln und auch eine qualitative Bewertung treffen, oder die Suchmaschinen Blinde-Kuh.de und Fragfinn.de einen hervorragenden Beitrag.

Wie sieht es aus mit Angeboten für Flüchtlingskinder?
Die haben wir. Und wir sind dabei, das ­Angebot stetig weiter auszubauen. Wir haben bereits im Januar dieses Jahres die Print­ausgabe „Schule in Deutschland“ herausgebracht, unter anderem mit Übersetzungen auf Arabisch, Paschtu und Englisch. Des Weiteren gibt es für die Willkommensklassen ein Begrüßungs­plakat mit einer Deutschland­karte, damit die Kinder sehen, in welchem Bundesland sie leben und welche Hauptstadt dieses Bundesland hat. Bald erscheint auch die Broschüre „Flucht und angekommen in Deutschland“ für die Grundschule. Uns sind diese Angebote sehr wichtig. Immerhin sind 300.000 geflohene Kinder bei uns angekommen, und wir wollen einen Beitrag zu deren Integration leisten.

Interview: Cosima Grohmann